Die alte Johanniskirche in Niederwalluf
Zu den Fundstücken vom Sommer 2001

Mozartabend 24.8.2001 Ehe es soweit war, daß die ersten Veranstaltungen im Sommer 2001 in der Ruine stattfinden konnten, war der Ort über die Monate Juni und August eine Baustelle. Im Zuge der Bodenarbeiten, die zur Verlegung der elektrischen Leitungen vorgenommen werden mußten, wurden circa 8 bis 10 Gräber angeschnitten. Dabei kamen eine große Anzahl von Gebeinen ans Tageslicht. Da der Friedhof um die alte Johanniskirche bis in die ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts genutzt wurde, stammen sie wahrscheinlich zumeist aus dem 16. und 17. Jahrhundert und damit gewissermaßen aus der jüngeren Zeit dieses ehemaligen Zentrums von Niederwalluf.

Anfang der 30er Jahre erbrachten vereinzelte Stichgrabungen um Kirche und Turmburg die Spuren einer lückenlosen Besiedlung dieses Ortes seit 2 500 Jahren. Turmburg und Kirche stammen aus dem 10. Jahrhundert. Die Turmburg wurde vermutlich schon im 13. Jahrhundert zerstört und diente dann als Steinbruch. Die Kirche in ihrer letzten spätgotischen Fassung vom Ende des 15. Jahrhunderts wurde bis etwa 1720 als Pfarrkirche genutzt. Nach den Zerstörungen in den Koalitionskriegen (1793-95) überließ man sie dem Verfall. Im 19. Jahrhundert wurden die Mauern mit einem provisorischen Dach versehen und die Fenster und Tore vermauert. Das Gebäude diente jetzt als Eiskeller und Scheune. Die Wiederentdeckung des historischen Bauwerks ist dem archäologisch interessierten Niederwallufer Bürgermeister Alfred Spiegelhalter zu verdanken, der 1930 auch die Grabungsarbeiten anregte.

Obwohl kaum mehr als 5-8% des Geländes durch die Grabungen in den 30er Jahren erfaßt wurden, erwog man damals den Plan, wegen der reichhaltigen Funde, die bis in die Latenzeit zurückreichen, hier einen Archäologiepark für den Rheingau anzulegen. Der Krieg machte diese Pläne zunichte. Und so liegt hier für zukünftige Generationen noch ein archäologischer Schatz verborgen, der womöglich noch tiefer in die Geschichte zurück reicht.

Knochenfunde
Gesamtfund Im Laufe der Sommermonate 2001 wurden in täglicher Kleinarbeit rund 1 000 Knochen und Knochenteile von freiwilligen Helfern eingesammelt und für eine ordnungsgemäße Beisetzung verwahrt.
Nach Abschluß der Bauarbeiten und einer gutachterlichen Bewertung wurden sie der Wallufer Gemeindeverwaltung übergeben. Der Bitte der freiwilligen Helfer, bei der Beisetzung anwesend zu sein, um den Vorgang dokumentieren zu können, wurde von der Gemeindeverwaltung abschlägig beschieden. Bei "der würdigen Aufbewahrung der Gebeine möchten wir von einer Anwesenheit Dritter Abstand nehmen", lautete die Begründung. (Wie das? Wo unsereins doch nur zu zweit war?) Mithin blieb verborgen, ob und wo diese alten Wallufer nun ihre endgültige und würdige Ruhestätte gefunden haben.


Schädel- u. BeinknochenRippen u. FußknochenKeramik, Kiefer, Zähne u. Sargnägel

Schädel-, Arm- und Beinknochen             Rippen und Fußknochen                    Kiefer, Zähne und Sargnägel. Im rechten Bild oben die wenigen Keramikfunde, die vom 14./15. bis zum 19. Jahrhundert reichen.

Eines der Gräber, das an der Westseite der Kirche angeschnitten wurde, lag nur 20 cm unter der Erdoberfläche. Es könnte sich dabei sehr wohl um ein flüchtig bestattetes Opfer aus dem Dreißigjährigen Krieg handeln.
In den Wintermonaten des Jahres 1631 war das Gelände um die alte Johanniskirche einer der Standorte der schwedischen Truppen, die unter der Führung Bernhards von Weimar das Rheingauer Gebück bei Walluf belagerten und schließlich auch überwanden.


[Zurück zu den archäologischen Spuren der alten Johanniskirche]

[Zur Übersicht aller Seiten]